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Andrea Hammermann / Oliver Stettes IW-Report Nr. 16 28. März 2024 Verwaiste Chefsessel in deutschen Unternehmen

Die Hälfte der hiesigen Unternehmen berichtete im Jahr 2023 von zunehmenden Problemen bei der Besetzung von Führungspositionen aufgrund einer fehlenden Bereitschaft auf Seiten der Beschäftigten, Führungsverantwortung übernehmen zu wollen.

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Verwaiste Chefsessel in deutschen Unternehmen
Andrea Hammermann / Oliver Stettes IW-Report Nr. 16 28. März 2024

Verwaiste Chefsessel in deutschen Unternehmen

Institut der deutschen Wirtschaft (IW) Institut der deutschen Wirtschaft (IW)

Die Hälfte der hiesigen Unternehmen berichtete im Jahr 2023 von zunehmenden Problemen bei der Besetzung von Führungspositionen aufgrund einer fehlenden Bereitschaft auf Seiten der Beschäftigten, Führungsverantwortung übernehmen zu wollen.

Größere Unternehmen sind davon seltener betroffen als kleine Unternehmen. Die Wahrscheinlichkeit von Besetzungsproblemen ist in Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten rund 20 Prozentpunkte geringer als in Kleinunternehmen mit bis zu 49 Beschäftigten. Relativ häufig berichten Unternehmen von zunehmenden Besetzungsschwierigkeiten bei Führungspositionen, wenn sie zugleich große Rekrutierungsschwierigkeiten am externen Arbeitsmarkt haben. Vertiefende Auswertungen mit den Daten aus dem IW-Personalpanel und der IW-Beschäftigtenbefragung legen zudem nahe, dass Transformationsprozesse und der Wunsch nach einer mitarbeiter- oder ergebnisorientierten Führungskultur ein herausforderndes Führungsumfeld erzeugen können, welches die Ambitionen geeigneter Kandidaten bremsen könnte.

Vier von zehn Beschäftigte ohne Führungsverantwortung hegen die Absicht, in der näheren Zukunft im bisherigen Unternehmen weiter aufsteigen zu wollen. Frauen unterscheiden sich hier nicht von Männern. Sie streben lediglich dann eher seltener einen weiteren beruflichen Aufstieg an, wenn sie bereits eine Führungsposition erreicht haben. Grundsätzlich weisen Führungskräfte in deutlich größerem Umfang als Beschäftigte ohne Führungsverantwortung ein Interesse auf, die Karriereleiter in der näheren Zukunft (weiter) emporzuklettern. Dies spricht für eine Selbstselektion von Personen, die bestimmte mit der Ausübung von Führungspositionen einhergehende Arbeitsplatzmerkmale wertschätzen oder eher in Kauf zu nehmen bereit sind.

Wer sich zum Beispiel vorstellen kann, berufliche Anforderungen und private Verpflichtungen zeitlich und räumlich eng miteinander zu verzahnen, möchte mit einer größeren Wahrscheinlichkeit beruflich aufsteigen. Die zeitlichen Anforderungen, die an Führungskräfte gestellt werden, sind hoch. Sie arbeiten vorwiegend in Vollzeit. Eine Teilzeitbeschäftigung senkt bei Beschäftigten ohne Führungsverantwortung signifikant die Wahrscheinlichkeit, im bisherigen Unternehmen aufsteigen zu wollen. Auch die Notwendigkeit, kurzfristig Urlaubstage oder freie Tage absagen zu müssen (nur Beschäftigte ohne Führungsverantwortung) und das Gefühl, die eigene Arbeit nicht mit der erforderlichen Sorgfalt leisten zu können, scheinen sich auf (weitere) Karriereambitionen eher abschreckend auszuwirken (Führungskräfte und Beschäftigte ohne Führungsverantwortung).

Auch wie Beschäftigte ihr Arbeitsumfeld erleben, beeinflusst ihr Bestreben nach dem beruflichen Aufstieg. Hierfür spricht, dass ein negatives Stressempfinden die Aufstiegsbereitschaft sowohl bei Führungskräften als auch bei Beschäftigten ohne Führungsverantwortung senkt. Ein positives Erleben des Arbeitsumfelds, zum Beispiel Spaß bei der Arbeit, das Gefühl, sich weiterentwickeln zu können oder ein gutes Betriebsklima, stärkt hingegen die Karriereambitionen.

Geschäftsführungen sollten die Selbstselektion im Auge behalten, wenn sie die Anforderungen an Führungskräfte definieren und die betrieblichen Rahmenbedingungen von Karrierepfaden gestalten. Dies bedarf nicht nur einer klaren Prioritätensetzung, sondern vor dem Hintergrund von Stellenbesetzungsproblemen auch der Prüfung, ob und welche Möglichkeiten geeignet sind, Karrierehemmnisse abzubauen. Diese originär betriebliche Entscheidungsdomäne ist auch von der Politik zu respektieren, wenn sie politische Ziele für die Repräsentanz bestimmter Beschäftigtengruppen formuliert.

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